Laufverletzungen – Risiko (Über)motivation

(Über)motivation ist der Zwillingsbruder (oder die Zwillingsschwester) von »Trainieren nach Trainingsplan«. Läufer mit hochgesteckten Zielen trainieren meist intensiver und länger (…und nach Trainingsplan). Der Wunsch einmal einen Marathon zu bestehen, dann am besten noch unter 4:00 Stunden, oder die Jagd nach einer neuen persönlichen Bestzeit, lassen einen die frühen Warnzeichen übersehen, mit denen sich eine überlastungsbedingte Verletzung ankündigt.
Ziele zu haben ist nicht schlecht. Sie konsequent unter dem Motto zu verfolgen: »Der Geist siegt über den Körper« (könnte man auch mit »no pain, no gain« / »nur die Harten kommen in der Garten« übersetzen), bezahlt man mit Verletzungen.


Laufverletzungen – Risiko Trainingsplan

Trainingspläne gibt es mittlerweile überall. In Laufzeitschriften oder zum downloaden im Internet, kostenlos. Einzige Voraussetzung: Lauferfahrung und genug Zeit zu trainieren, je nach angestrebter Zielzeit.
Abgesehen davon, dass niemand da ist, der mit Ihnen vorher bespricht, ob die gesteckten Zeitziele realistisch sind, wird es ohne regelmässige persönliche Betreuung dann problematisch, wenn krankheits- oder berufsbedingte Trainingsausfälle zum improvisieren zwingen. Meist wird die »verlorene« Trainingszeit in der nächsten Woche »draufgepackt«. Die Zeichen von zunehmendem Übertraining werden meist nicht frühzeitig wahrgenommen. Oder das Ziehen in der Achillessehne am Tag nach den Trainingseinheiten wird lange Zeit geflissentlich ignoriert, bis es sich zu einem nicht mehr zu übersehenden Problem entwickelt hat, das weiteres Training nach Plan nicht mehr möglich macht. Das meist 4-6 Wochen vor dem Rennen, auf das man sich schon so lange vorbereitet.

Was heisst das:
1. Trainingspläne dann sind sinnvoll, wenn Sie von einem Trainer individuell auf Ihre Möglichkeiten zugeschnitten sind und eine regelmäßige Kontrolle der Fortschritte erfolgt. Je nach Schwierigkeiten kann dann auch der Trainingsplan flexibel angepasst werden, ohne das Ziel zu gefährden.
Das kostet zwar Geld, aber nicht das Lehrgeld, das Sie für Verletzungen oder Übertraining bezahlen.
2. Wenn Sie sich trotz allem keinen Coach leisten wollen, bleiben Sie sensibel, was Beschwerden angeht. »No pain, no gain« ist definitiv nicht das Motto, unter dem Ihr Training stattfinden sollte.

Welche Zeichen beginnende Laufverletzungen anzeigen, finden Sie hier


Laufverletzungen – Risiko: Bereits verletzt gewesen

Wenn Sie bereits eine Laufverletzung durchgemacht haben, erhöht sich dadurch das Risiko für erneute Probleme. Entweder »bricht die alte Verletzung wieder auf«, oder Sie bekommen Beschwerden an einer völlig anderen Stelle. Warum ?
Möglicherweise habe Sie aus Ihrer alten Verletzung nichts gelernt !
1. Nur Pause und Eis beseitigen zwar fürs erste Ihre Beschwerden. Aber die notwendige Analyse der Ursachen, warum die Verletzung aufgetreten ist, findet nicht statt.
Stichworte: Trainingsaufbau, allgemeine körperliche Vorraussetzungen (Stabilität und Beweglichkeit), Laufschuhe.
2. Bei Sehnenproblemen wird die Zeit, bis die Sehne wieder eine ausreichende Belastbarkeit erreicht hat, immer wieder unterschätzt. Selbst wenn die Sehne nicht mehr schmerzt, ist das kein Zeichen für die vollständige Heilung. Das dauert, je nach Sehne, einige Monate. Das bedeutet einen sensiblen Belastungsaufbau über einen längeren Zeitraum.
3. Fehlerhafte Lauftechnik führt häufig zu Verletzungen. Ohne Korrektur des Bewegungsmusters werden nach Abheilen der verletzten Struktur und Wiederaufnahme des Trainings an genau derselben Stelle erneut Beschwerden auftreten.
Wer unter (wenn auch geringen) Schmerzen läuft, entwickelt zudem Ausweichbewegungen, die auch nach Abklingen der Probleme als »Schonhaltung« noch nachweisbar sind. Damit erhöht sich die Belastung an anderen Stellen des Bewegungsapparates. Mögliche Folge: Erneute Verletzung, aber ganz woanders.
Ein fehlerhaftes Bewegungsmuster erkennen Sie nur mit einer Videoanalyse


Laufverletzungen – Risiko Trainingskilometer

Das Risiko für Laufverletzungen steigt mit der Anzahl der gelaufenen Wochenkilometer. Ab 32 km / Woche ist ein deutlicher Anstieg an Verletzungen zu verzeichnen. Noch heftiger wird es ab 65 Trainingskilometer pro Woche.
Um Verletzungen vorzubeugen ist es nun wirklich keine Lösung unter der 32 km (oder 65 km)-Grenze zu bleiben.
Damit lässt sich absolut kein seriöses Training für ein 10km-Rennen, einen Halbmarathon oder gar Marathon durchführen. Selbst gesundheitsorientierte Läufer kommen locker über 32 km/Woche.
Im Spitzensport reden wir von Umfängen von >100 – 120 km/Woche
Es ist eher die Frage, wie ich ohne Probleme die meinem Laufziel angepasste Zahl an Wochenkilometern hinter mich bringen kann. Egal ob Laufanfänger, Gesundheitsläufer, ambitionierter Breiten- oder Spitzensportler.
Aber dazu komme ich noch. Dranbleiben !


Laufverletzungen – Risiko Laufanfänger

Laufanfänger (Läufer in den ersten drei Jahren nach Einstieg in den Laufsport) sind besonders anfällig für überlastungsbedingte Verletzungen. Wenn man sich aber an die bekannte Regel hält:
„Laufe los, aber nicht zu schnell, und kaufe gute Laufschuhe.“,
kann man in dieser Phase Verletzungen auf jeden Fall vermeiden, so sagt man.
In einer Studie wurde jetzt untersucht, ob diese Regel tatsächlich funktioniert.
Laufanfänger wurden auf einen 6,4 km-Lauf vorbereitet. Die eine Gruppe trainierte 8 Wochen lang, die zweite Gruppe trainierte nach den Grundsätzen: „Laufen ohne zu schnaufen“ und wöchentliche Steigerung der  Laufstrecke < 10%. Diese Gruppe trainierte insgesamt 13 Wochen.
In welcher Gruppe traten mehr Laufverletzungen auf ?
Spontan würde jeder auf die 8-Wochen-Gruppe tippen. Die Zahl der Verletzungen war aber in beiden Gruppen gleich, nämlich 20 %.
Schlussfolgerung der Wissenschaftler:“ In der Vorbereitung auf einen 6,4km-Lauf ist es egal, ob du Dir Zeit lässt, oder nicht. Das Risiko für Laufverletzungen bleibt gleich.“ (Buist I et al.: No effect of a graded training program on the number of running-related injuries in novice runners. Am J Sports Med 36: 33-39 (2008)
Fragen bleiben:
Was ist mit Laufschuhen ?
Was ist mit begleitenden Kraft- und Beweglichkeitstraining ?
Und was ist mit Lauftechnik ?
In weiteren Beiträgen gehe ich noch genauer darauf ein.
Nur eines scheint klar: Die langsame Steigerung der Laufumfänge alleine schützt den Laufanfänger nicht vor überlastungsbedingten Verletzungen.


Laufverletzungen – wen erwischt es ?

„Sag´tschüss zu Deinem Hausarzt und hallo zum Orthopäden“, ist ein Spruch, bei dem viele Läufer wissen, dass die positiven Effekte auf Herz-Kreislauf und Psyche offenbar nur gegen Beschwerden von Muskeln. Sehnen und Gelenken eingetauscht werden können.
Da wäre es nicht schlecht zu wissen, wen – und vor allem warum – es einen erwischt, um frühzeitig Laufverletzungen vorzubeugen.

Hier die TOP 6 der Risikofaktoren für Laufverletzungen:
1. Laufanfänger
2. Anzahl der wöchentlichen Trainingskilometer
3. Bereits verletzt gewesen
4. Trainieren nach Trainingsplan
5. Übermotivation
6. Teure Laufschuhe

Einige Punkte scheinen klar, bei anderen kommt man schon etwas ins Nachdenken. Keine Angst. In den nächsten Beiträgen werde ich jeden Punkt noch ausführlich kommentieren.
Und wer´s nicht glaubt, kann hier nachlesen:
O´Connor, Textbook of Running Injuries 2002, Robbins / Waked, Arch Phys Med Rehab 1997